Nomic (von griech. nomos = Gesetz) wurde von Peter Suber von der juristischen Fakultät der Universität Chicago erfunden.
Nomic spielt in der Welt der Gesetzgebung und der Gerichte. Der besondere Reiz des Spiels besteht darin, daß die Gestaltung der Spielregeln selbst Gegenstand des Spieles ist. Es handelt sich hierbei also um ein selbstabwandelndes Spiel wie es von Douglas R. Hofstadter in seinem Buch "Gödel, Escher, Bach - ein endlos geflochtenes Band" angeregt wurde. Eine kurze Vorstellung des Spiels, sowie einige interessante Anregungen sind im Metamagikum der Augustausgabe 1982 von Spektrum der Wissenschaft zu finden.
Nomic ist ein Spiel für eine variable Anzahl von Spielern. Es besteht zu Beginn aus einer Reihe von vorgegebenen Spielregeln (Gesetze), die im Laufe des Spieles nach und nach verändert werden. Alle Regeln (ALLE!), insbesondere auch diejenigen bezüglich den Änderungsmöglichkeiten sind (zumindest zu Beginn) grundsätzlich veränderbar.
Die erste pbm-Fassung wurde von Oliver Endrikat, Karlsruhe, aus dem oben angegebenen Artikel basierend für das ANDERWELT-ZINE ausgearbeitet. Die vorliegenden Startregeln wurden danach von Martin Ahlemeyer, Anröchte, bearbeitet.
(1) Am Spiel nimmt eine beliebige Anzahl von Spielern teil. Es wird von einem Gerichts-Magistraten (GM) geleitet. Der GM ist kein Spieler.
(2) Jeder Spieler muß zu jedem Zeitpunkt aus dem Spiel aussteigen können.
(3) Spieler und GM können nur natürliche Personen sein.
(1) Das Spiel gliedert sich in Runden, die aufsteigend numeriert werden. Eine Runde umfaßt die Abgabe der Spielzüge durch die Spieler, die Auswertung durch den GM und die Veröffentlichung der Auswertung. Die Dauer einer Runde wird durch den GM bestimmt. Der GM setzt in jeder Runde einen Zug-Ankunft-Termin (ZAT) fest. Es liegt in der Verantwortlichkeit jedes einzelnen Spielers, daß seine Spielzüge bis zum ZAT dem GM vorliegen.
(2) Alle Spieler haben sich an die jeweils gültigen Regeln zu halten. Ein Spieler, der das nicht tut, scheidet mit dem Ende der jeweiligen Runde aus dem Spiel aus. Ein Spieler, der entgegen den Regeln in einer Runde überhaupt nicht handelt, begeht einen NMR. Für einen NMR können in den Regeln andere Folgen als das Ausscheiden aus dem Spiel vorgesehen sein.
(3) Der GM hat sich bei der Auswertung und Veröffentlichung an die jeweils gültigen Regeln zu halten. Verstöße des GM werden von ihm korrigiert, wenn sie in der folgenden Runde von ihm selbst oder einem Spieler beanstandet werden. Ansonsten wird ohne Korrektur weiter gespielt. Sollte ein Spieler durch die Korrektur benachteiligt sein, so wird auf seinen Antrag die entsprechende Auswertung komplett wiederholt, das Spiel also angehalten. Über das Vorliegen einer Benachteiligung entscheidet der GM.
G.3 (Begriffe und Bezeichnungen von Regeln)
(1) Zu Beginn des Spiels gibt es zwei Klassen von Regeln. Die Regeln G.1 bis G.13 werden als Grundregeln bezeichnet. Die Regeln R.1 bis R.11 werden als einfache Regeln bezeichnet. Grundregeln haben Vorrang vor einfachen Regeln.
(2) Jede Regel hat eine eigene Kennzeichnung, die aus einem Buchstaben und aus einer Zahl besteht. Grundregeln werden mit dem Buchstaben 'G', einfache Regeln mit dem Buchstaben 'R' bezeichnet. Es können weitere Klassen von Regeln eingeführt werden, denen dann jeweils ein eigener Buchstabe vom GM zugeordnet wird. Mehr als 26 Klassen von Regeln darf es nicht geben.
(3) Die einer Regel zugeordnete Zahl muß eine eindeutige Identifizierung ermöglichen. Die Zahl wird vom GM bestimmt. Die Zahl darf nicht so gewählt werden, daß eine später in Kraft getretene Regel eine niedrigere Zahl erhält als eine früher in Kraft getretene Regel derselben Hierarchieklasse.
(4) In den Regeln verwendete Begriffe und Ausdrücke werden in ihrem umgangssprachlichen Sinn interpretiert, soweit nicht eine Regel einer höheren Hierarchieklasse etwas anderes bestimmt.
G.4 (Hierarchie von Regeln, Konflikte)
(1) Die verschiedenen Klassen von Regeln sind hierarchisch geordnet. Bei der Einführung einer neuen Regelklasse muß ihre Einordnung in die Hierarchie eindeutig bestimmt sein.
(2) Eine neue Regelklasse kann in der Hierarchie nur tiefer angeordnet sein als die Regel, die ihre Einführung bestimmt.
(3) Regeln einer tieferen Hierarchieklasse müssen, falls möglich, so interpretiert werden, daß sie Regeln einer höheren Hierarchieklasse nicht widersprechen. Sollte das nicht möglich sein, so ist die Regel der tieferen Hierarchieklasse als ganzes ungültig und wird gestrichen.
(4) Im Konflikt über die Auslegung von Regeln entscheidet ein Gericht. Solange nicht in einer Regel von mindestens der gleichen Hierarchieklasse wie die höchste der beteiligten Regeln etwas anderes bestimmt ist, wird der GM als einziges Gericht eingesetzt.
(1) Als Regeländerungen gelten
(2) Bei der Erhebung oder Abstufung einer Regel werden die Vorschriften über eine Regeländerung der höchsten beteiligten Hierarchieklasse angewandt.
(3) Eine erhobene oder abgestufte Regel verliert in ihrer bisherigen Klasse ihre Gültigkeit und wird wie eine neue gültige Regel in ihrer neuen Klasse behandelt.
(4) Es muß zu jedem Zeitpunkt mindestens eine gültige Regel geben. Regeländerungen dürfen nicht völlig ausgeschlossen sein.
G.6 (Änderung von Grundregeln)
(1) Die Änderung einer Grundregel ist nur durch Abstimmung der Spieler möglich. Jeder Spieler hat in dieser Abstimmung gleiche Rechte. Die vorgeschlagene Änderung muß vor der Abstimmung vom GM veröffentlicht worden sein. Die Änderung ist angenommen, wenn nicht mehr als ein Spieler dagegen gestimmt hat und mehr als die Hälfte aller Spieler zugestimmt hat.
(2) Eine geänderte Grundregel tritt am Ende der Runde in Kraft, in der sie in einer Abstimmung angenommen worden ist.
(3) Eine Änderung einer Grundregel muß als solche vor der Abstimmung gekennzeichnet sein.
(4) Zur Änderung der Grundregeln G.1 bis G.9 ist die Zustimmung aller Spieler erforderlich.
G.7 (Vorrang innerhalb von Grundregeln)
(1) Die Grundregeln G.1 bis G.9 haben Vorrang vor den anderen Grundregeln.
(2) Im übrigen hat die Grundregel mit der höheren Kennzahl Vorrang.
(1) Eine Regel erlangt nur Gültigkeit, wenn dies in einer Regel einer höheren Hierarchieklasse ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Eine Regel kann nur Gültigkeit erlangen, nachdem sie vom GM im vollem Wortlaut veröffentlicht worden ist.
(1) Der GM hat zu jedem Zeitpunkt das Recht, den Notstand zu erklären und beliebige Regeländerungen vorzunehmen.
(2) Der GM ist gehalten, von dieser Regel nur im Notfall und nur im Interesse eines geordneten Spielablaufs Gebrauch zu machen.
(3) Die Entscheidung des GM gemäß dieser Regel ist nicht anfechtbar.
G.10 (Grundregel-Änderungsvorschlag)
(1) Jeder Spieler ist in jeder Runde berechtigt, einen Vorschlag zur Änderung einer Grundregel zu machen. Dieser Vorschlag muß bis zum ZAT dem GM in druckfertiger Form vorliegen. Der Spieler darf in derselben Runde keinen anderen Regeländerungs-Vorschlag einbringen.
(2) Ein solcher Vorschlag kann mehrere Elemente aus G.5 enthalten. Abgestimmt wird nicht über die einzelnen Elemente, sondern über den Vorschlag als Ganzes.
(1) Jede Regel muß einen eindeutig bestimmten Text haben.
(2) Regeln können nur durch Abstimmung der Spieler oder durch Notstandserlaß des GM gültig werden, es sei denn, eine Regel einer höheren Hierarchieklasse erlaubt ein anderes Verfahren.
(3) In Abstimmungen und Wahlen gemäß einer Regel gelten folgende Grundsätze, sofern nicht eine Regel einer höheren Hierarchieklasse etwas anderes bestimmt:
(4) Regeländerungen, die in irgendeiner Weise Regeln berühren, die die Zulässigkeit oder Modalitäten von Regeländerungen betreffen, sind grundsätzlich erlaubt. Selbst Regeländerungen, die sich selbst ganz oder teilweise in Frage stellen, sind möglich.
(5) Alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt.
G.12 (Abstimmungen und Wahlen)
(1) In Abstimmungen über Regeländerungen kann mit "Ja", "Nein" und "Enthaltung" gestimmt werden. Eine Regeländerung ist angenommen, wenn die erforderliche Anzahl an "Ja"-Stimmen erreicht wurde.
(2) In anderen Abstimmungen gemäß einer Regel gilt (1), soweit nicht von einer Regel einer höheren Hierarchieklasse etwas anderes bestimmt ist.
(3) Bei Wahlen aus einer Mehrzahl von Möglichkeiten kann jede Stimme für genau eine der Möglichkeiten oder für "Enthaltung" abgegeben werden.
(4) Stimmen bei Abstimmungen und Wahlen haben nur Gültigkeit, wenn sie bis zum ZAT dem GM vorliegen.
(1) Sieger des Spiels ist der Spieler, der als erster eine bestimmte Anzahl von Nomic-Punkten erreicht.
(2) Führt eine Regeländerung zu einer Situation, in der die reguläre Fortführung des Spiels dem Gericht nicht mehr möglich erscheint, oder in der sich eine bestimmte Rechtsfrage nicht in gerechter Weise entscheiden läßt, so gewinnt der Spieler, der die entsprechende Regeländerung vorgeschlagen hat.
(3) Sollte nur noch ein Spieler am Spiel teilnehmen, so wird dieser zum Sieger erklärt.
(4) Andere Siegbedingungen sind unzulässig.
(1) Ein Spielzug eines Spielers besteht mindestens aus folgenden Teilen:
1. Abgabe einer positiven ganzen Zahl (Nomiczahl)
2. Stimmabgabe zu allen ausgeschriebenen Abstimmungen.
(2) Jeder Spieler ist berechtigt, einen Regeländerungs-Vorschlag mit seinem Spielzug einzubringen.
(3) Jeder Spieler ist berechtigt, beliebigen freien Text ("Presse") vom GM veröffentlichen zu lassen.
(4) Alle zur Veröffentlichung bestimmten Teile eines Spielzugs sind in druckfertiger Form dem GM bis zum ZAT einzureichen.
(1) Ein Spieler kann vom GM auf seinen Antrag von der Abgabe eines Spielzuges freigestellt werden. In diesem Fall kann der Spieler in der entsprechenden Runde keinen Spielzug, auch nicht teilweise, abgeben.
(2) Sollte keine solche Freistellung erfolgt sein, aber dennoch bis zum ZAT kein vollständiger Spielzug des Spielers beim GM vorliegen, so gilt dies als unentschuldigter NMR.
(3) Bei jedem unentschuldigten NMR werden einem Spieler 20 Nomic-Punkte abgezogen.
(1) Zu Beginn des Spiels hat jeder Spieler 50 Nomic-Punkte.
(2) Ein später hinzukommender Spieler hat zu Beginn soviel Nomic-Punkte wie der schlechteste bisherige Spieler am Ende der vorangegangenen Runde.
(1) Der Spieler mit der kleinsten Nomiczahl einer Runde erhält den doppelten Wert dieser Zahl zu seinem Nomic-Punkte-Konto. Der Spieler mit der zweitkleinsten Zahl erhält den einfachen Wert seiner Zahl. Wenn mehrere Spieler die gleiche Nomic-Zahl angegeben haben, erhält keiner von ihnen Punkte.
(2) Sollten in einer Runde keinerlei Regeländerungs-Vorschläge von Spielern eingebracht worden sein, so werden allen Spielern 5 Nomicpunkte abgezogen.
(3) Ein Spieler, dessen Regeländerungs-Vorschlag gültig wird, erhält zu seinem Konto 20 Nomicpunkte. Ein Spieler, dessen Regeländerungs-Vorschlag abgelehnt wird, bekommt von seinem Konto 10 Nomicpunkte abgezogen.
(4) Ein Spieler, der gegen eine gültig werdende Regeländerung gestimmt hat, erhält 10 Nomicpunkte zu seinem Konto.
(1) Sieger des Spiels ist, wer als erster am Ende einer Runde einen Stand von 250 Nomic-Punkten oder mehr erreicht. Sollten dies mehrere Spieler gleichzeitig schaffen, so gewinnt der Spieler mit der höchsten Punktzahl.
(2) Sollten zwei oder mehr Spieler die höchste Punktzahl haben, so gewinnt derjenige, der in der Runde zuvor die wenigsten Nomic-Punkte hatte. Bei erneuten Gleichstand werden die vorvergangenen Runden betrachtet.
R.6 (Regeländerungsverfahren bei einfachen Regeln)
(1) Ein von einem Spieler eingebrachter Regeländerungs-Vorschlag wird vom GM veröffentlicht. In der folgenden Runde wird von den Spielern zweifach abgestimmt. Zunächst wird über die Vertagung des Vorschlags abgestimmt. Die zweite Abstimmung betrifft die Annahme oder Ablehnung des Vorschlags.
(2) Sollten mehr "Ja"- als "Nein"-Stimmen für die Vertagung abgegeben werden, so wird die zweite Abstimmung nicht mehr ausgewertet. Der Vorschlag wird vertagt und in der nächsten Runde erneut veröffentlicht und verhandelt.
(3) Der Spieler, dessen Vorschlag vertagt wurde, darf zusätzlich einen neuen Vorschlag einbringen.
(4) Der Spieler, dessen Vorschlag vertagt wurde, ist berechtigt, seinen Vorschlag im Wortlaut und Inhalt zu verändern. Abgestimmt wird immer über die zuletzt vom GM veröffentlichte Fassung.
(5) Sollte ein Vorschlag nicht vertagt sein, so ist er angenommen, falls mindestens vier Mal soviel "Ja"- wie "Nein"-Stimmen für ihn abgegeben worden sind.
(6) Diese Bestimmungen werden auch auf Regeländerungen tieferer Hierarchieklassen angewandt, soweit nichts anderes bestimmt ist.
R.7 (Spielerausschluß und -aufnahme)
(1) Ein Spieler, der weniger als 0 Nomicpunkte hat, scheidet am Ende der Runde aus dem Spiel aus.
(2) Jede natürliche Person kann sich um die Teilnahme an einer laufenden Partie bewerben. Die Bewerbung wird den vorhandenen Spielern zur Abstimmung gestellt. Sollten mehr "Ja"- als "Nein"-Stimmen abgegeben werden, so wird die Person zu Beginn der nächsten Runde als Spieler aufgenommen.
(3) Ein Spieler, der aus dem Spiel ausgeschieden ist, kann sich frühestens in der dritten Runde nach seinem Ausscheiden um Aufnahme bewerben.
(1) Jeder Spieler hat eine Stimme pro Abstimmung und Wahl.
R.9 (Vorrang innerhalb von einfachen Regeln)
(1) Sollten sich einfache Regeln widersprechen, so hat die speziellere Regel Vorrang vor der allgemeineren.
(2) Sollte weiterhin ein Widerspruch bestehen, so hat die Regel Vorrang, die diesen Vorrang in ihrem Wortlaut bestimmt.
(3) Sollte weiterhin ein Widerspruch bestehen, so hat die Regel Vorrang, die eine höhere Kennziffer trägt.
(1) Bestehen Uneinigkeiten über die Auslegung einer oder mehrere Regeln, so kann jeder Spieler das Gericht anrufen.
(2) Das Gericht der ersten Instanz ist der GM. Er entscheidet den Fall und stellt seine Entscheidung zur Abstimmung. Sollten in der Abstimmung mindestens 75% der Spieler seine Entscheidung ablehnen, so wird die zweite Instanz angerufen; im anderen Fall ist die Entscheidung rechtskräftig.
(3) Das Gericht der zweiten Instanz ist der Spieler mit der geringsten Zahl an Nomic- Punkten. Seine Entscheidung ist endgültig. Sollte es mehrere Spieler mit der geringsten Zahl an Nomic-Punkten geben, so entscheidet das Los.
(1) Einem Spieler, der das Gericht anruft, werden 20 Nomic-Punkte von seinem Konto abgezogen.
(2) Sollte die ersten Instanz rechtskräftig für seine Rechtsansicht entscheiden, so erhält er 40 Nomic-Punkte zu seinem Konto hinzu.
(3) Sollte in einer höheren Instanz rechtskräftig für seine Rechtsansicht entschieden werden, so erhält er 60 Nomic-Punkte zu seinem Konto hinzu.